Das Prinzip der Körperuhr der traditionellen chinesischen Medizin für die Gesundheit

Überstunden, Nachtschichten, Reisen durch verschiedene Zeit- und Klimazonen, Freizeitstress oder auch mal eine rauschende Partynacht – unser schnelllebiger Alltag ist so vollgestopft mit beruflichen und privaten Verpflichtungen, dass meistens keine Zeit bleibt, auf den natürlichen Biorhythmus zu hören. Kein Wunder also, dass unsere Körperuhr gehörig aus dem Takt gerät. Müdigkeit, Abgeschlagenheit sind meist die Folgen. Im schlimmsten Fall können Stoffwechselerkrankungen auftreten. Höchste Zeit, das Leben ein wenig zu entschleunigen und wieder mehr auf die innere Uhr zu achten.

So ticken die Organe

Vielleicht hast du auch schon einmal bemerkt, dass deine Kopf- oder Magenschmerzen zu einer bestimmten Uhrzeit besonders stark sind oder dass du zu einer bestimmten Tageszeit Bäume ausreißen könntest, während du wenig später gegen den Schlaf kämpfen musst. Das liegt an deiner inneren Uhr. Dass sie tatsächlich existiert, ist in der westlichen Welt erst seit dem 20. Jahrhundert offiziell anerkannt. In der TCM, der traditionellen chinesischen Medizin, weiß man schon seit Jahrtausenden, dass die Organe einen natürlichen Rhythmus und feste Arbeits- und Ruhephasen haben, die in der Organuhr dargestellt sind.

Viertel vor Leber

Die traditionelle chinesische Medizin ist eine ganzheitliche Lehre, das bedeutet, der Mensch wird als eine Einheit aus Körper, Geist und Seele gesehen. Das Qi, die Lebensenergie, sorgt dafür, dass diese Einheit nicht aus dem Tritt gerät. Es fließt auf zwölf unsichtbaren Bahnen, den Meridianen, durch den Körper. Jedem Organ ist ein Meridian zugeordnet. Über den Tag verteilt durchläuft jedes Organ eine Arbeitsphase, die ungefähr zwei Stunden dauert. In dieser Zeit fließt besonders viel Qi durch dieses Organ, es wird stark durchblutet und ist besonders leistungsfähig. Danach tritt das jeweilige Organ in die Ruhephase, in der seine Leistungsfähigkeit reduziert ist. Die Hochzeit der Leber ist beispielsweise zwischen 1 und 3 Uhr morgens. Während du idealerweise tief und fest schläfst, entgiftet sie den Körper und hält seine Funktionen in Balance. Wer Probleme mit der Leber hat, wacht in dieser Zeit oft auf. Alkohol und Zigaretten sind jetzt besonders schädlich.

Wenn die Leber mit ihrer Arbeit fertig ist, gibt sie den Staffelstab an die Lunge ab, die zwischen 3 und 5 Uhr ihren Reinigungsprozess beginnt und gleichzeitig den Körper mit Sauerstoff für den kommenden Tag versorgt. Du kannst ihr dabei helfen, indem du dein Schlafzimmer vor dem Zubettgehen gut lüftest. Zwischen 7 und 9 Uhr solltest du Zeit für die wichtigste Mahlzeit des Tages einplanen: das Frühstück. Jetzt hat der Magen seine Hochphase. Obwohl es gerade morgens sehr hektisch zugeht, wäre es wichtig, in Ruhe zu frühstücken und sich nicht ablenken zu lassen, damit du für den Tag gestärkt bist. Das Gehirn arbeitet während der Milz-Zeit, zwischen 9 und 11 auf Hochtouren. Perfekt also, um zu lernen oder Prüfungen abzulegen.

Außerdem ist dein Körper in dieser Zeit besonders widerstandsfähig. Mittags, von 11 bis 13 Uhr, hat das Herz seine Zeit – ideal für ein leichtes Mittagessen und einen netten Plausch mit Familie oder Kollegen. Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun…deshalb wäre von 13 bis 15 Uhr, in der Dünndarm-Zeit, der ideale Zeitpunkt für ein kleines Nickerchen. Wenn das nicht möglich ist, kann ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft dem Körper helfen, sein Leistungstief zu überwinden (es müssen ja nicht gleich tausend Schritte sein). Zwischen 15 und 17 Uhr ist Blasen-Zeit, überflüssige Abfallstoffe werden vermehrt ausgeschieden. Sportliche Betätigung ist jetzt besonders effektiv, auch das Langzeit-Gedächtnis ist besonders aufnahmefähig. Unterstütze deinen Körper dabei, indem du ausreichend trinkst.

Der Abend beginnt und die Nieren nehmen ihre Tätigkeit auf. Von 17 bis 19 Uhr arbeiten sie auf Hochtouren, um den körpereigenen Energiehaushalt zu regulieren. Puls und Blutdruck sinken – ideal für Yoga oder Meditationen und ein leichtes Abendessen. Zwischen 19 und 21 Uhr schlägt die Stunde des Herzbeutels (Perikard). Er gilt in der TCM als Beschützer des Herzens, der den Kreislauf steuert. Jetzt ist Zeit für Ruhe und Entspannung. Die Zeit von 21 bis 23 Uhr gehört dem Stoffwechsel. In der Lehre der TCM ist dies die Zeit des Dreifach-Erwärmers, der Nerven- und Immunsystem reguliert. Allmählich fährt der Körper seine Aktivitäten herunter und bereitet sich auf die nächtliche Ruhezeit vor. Zwischen 23 und 1 Uhr ist Galle-Zeit. Körper und Geist werden entgiftet. Solltest du jetzt noch nicht schlafen, vermeide nach Möglichkeit Zigaretten und Alkohol sowie anstrengende Tätigkeiten.

Leben im Einklang mit der Körperuhr

Ein Leben im Einklang mit dem natürlichen Rhythmus des Körpers kann sich äußerst positiv auf Körper und Geist auswirken. Im Alltag wird es nicht immer möglich sein, komplett nach der Körperuhr zu leben, doch wenn du, so oft es geht, auf deinen Körper hörst, kannst du viel für dein Wohlbefinden tun.²